Bitte erinnern Sie sich eine Sekunde an den Flederschnief. Je nachdem, in welchem Bundesland Sie sich in diesem denkwürdigeren Abschnitt deutscher Geschichte befanden, waren die wissenschaftlich natürlich völlig haltlosen Regelungen, die narzisstische Volkstreter ebenso boshaft wie großmäulig über die damals und auch heute noch größtenteils schnarchende Bevölkerung verhängten, von einer Bodenlosigkeit unterschiedlichen Ausmaßes.
Wenn Sie sich nun in Bayern befanden, dem unironisch schönsten, intelligentesten und interessantesten Bundesland, gestaltete sich so ein tägliches Joggen durchaus einmal als Flucht vor der auffällig präsenten Potzilei in sonst leergefegten Straßen.
Und trotzdem habe ich trotz meines rühmlichen Mutes damals zugenommen. Der Arzt bemerkte diesbezüglich, und mehr so nebenbei als genuin interessiert, „zugenommen, coronnybedingt?“ Worauf ich wahrheitsgemäß antwortete: „Nä, disziplinbedingt.“
Und das gilt für uns alle.
Ich präsentiere: Die sowohl am häufigsten kolportierten als auch am dringendsten korrekturbedürftigen Fehlannahmen, Irrtümer und Lügen mehrheitlich frauenbezogener Themengebiete.
1. „Du musst dein 'Gewicht™' beobachten, wenn du abnehmen willst.“
Nö, muss ich nicht. Mandelkeks?
2. „Du willst also 'Gewicht™' verlieren.“
Aber mitnichten und mitneffen, Monsieur. Ich will Fett verlieren. Keine Muskeln, keine Haare, keine Organe, keine Haut, keine Bänder, keine Knochen. Nuuuuur Fett.
3. „Du kannst keine Muskeln aufbauen, wenn du im Defizit bist.“
Praxis schlägt Theorie.
Abgesehen davon, korrekt lautet der Satz, wenn du ihn aussprichst: „Ich kann keine Muskeln aufbauen, wenn ich im Defizit bin.“ Okay!? Okay.
Ich warte noch auf die Steigerung der Absurdität, am wahrscheinlichsten zu finden bei berufsbeleidigten non-binären Schneeflöckchen, die dich schon mal anzeigen, wenn du bei der Nachricht von Trumps Sieg nicht augenblicklich bitterlich zu heulen anfängst: „Ich kann keine Muskeln aufbauen, wenn du im Defizit bist.“
Gefolgt vom größenwahnsinnigen „Du kannst keine Muskeln aufbauen, wenn ich im Defizit bin.“
4. „Du isst nichts von Tieren? Das ist aber nicht gesund!“
Das muss ich ernst nehmen! Ich habe, von schlechtem Gewissen geplagt, den Test gemacht und eine repräsentative Auswahl an Tieren auf der Weide dazu interviewt, wie mein Leben ihre Gesundheit beeinträchtigt. Gar nicht, stellt sich raus.
Alles schnafte.
5. „Du wirst nie wieder so aussehen wie zum Schulabschluss.“
DAS stimmt. Ich seh heute viiiiiel besser aus. Und der Schulabschluss liegt laaaange zurück.
6. „Du kannst bei deinem Geburtsjahrgang kein junges Gesicht haben, wenn du dann abgenommen hast.“
Grober Schnitzer!
Und auch hier die Korrektur, bitte sehr, bitte gern, küss die Hand: „Du kannst kein junges Gesicht haben, wenn du ab einem bestimmten Zeitpunkt die Muskeln dort nicht trainierst.“ Jetz stimmts.
7. 'Alter™'
Dieser Zwang, sich ächzend unter das Joch formaler Angaben zu klemmen und dann immer eine Spur zu eifrig zu versichern, dass man „da ja nix machen“ könne. Nänänä. Nix dagegen machen „will“. „Wollen“ ist das Stichwort. Das sag ich aber nur, wenn sie dann vollmundig meine Routinen in die Tonne kloppen wollen. Darauf läufts nämlich jedesmal hinaus.
Dreimal die Woche „Bauch-Beine-Po“ ist gesund und macht hübsch und muss sein. Obwohl man diese Partien ja eh fast nie sieht. Aber die, die man sieht, so oberhalb, also die darf (und kann!) man nicht trainieren. Weil das nämlich kein Altern in Würde ist. Vollmundig geframet! Steht so oder ähnlich in der „Frau im Schminktopf“. Dann muss es ja stimmen.
Genauso:
8. „Ich bin halt dick geworden.“ - Neinnein. Ich habe mich dick gemacht.
Will keiner hören, dabei kann man doch aus der Perspektive alles ändern, weil man dann selber die komplette Verantwortung–
ach so ja deshalb
9. „Ich bin halt alt geworden.“
Nix. Du hast dich alt gemacht. Gilt eingeschränkt auch für 'krank'.
10. „Du hast x Zeit gebraucht, um y 'Kilo™' zuzunehmen, also brauchst du auch x Zeit, um sie wieder abzunehmen.“
Türlich.
Und wenn deine Haare fünf Jahre wachsen, braucht es auch fünf Jahre, um sie wieder abzuschneiden.
Wenn deine Wände zehn Jahre lang immer schmuddeliger werden und an Farbintensität verlieren, dauert es zehn Jahre, um sie wieder zu streichen.
Wenn dein Keller über die Zeitspanne von fünfzehn Jahren immer unordentlicher wird, braucht es auch fünfzehn Jahre, um ihn wieder aufzuräumen.
Wenn dein Auto zwanzig Jahre Rost ansetzt, Kratzer sammelt und einzelne Teile an Funktionalität verlieren, brauchen der Mechatroniker und der Lackierer auch zwanzig Jahre für die Reparatur.
Wenn du deine Zähne 25 Jahre verlottern lässt, braucht der Zahnarzt auch 25 Jahre, um sie wieder zu richten.
Übertrieben, gell. Aber das ist genau die Logik, mit der Leute an ihr und anderer Leute Fett rangehen.
Und DAS widerspricht sich selbst:
11. My Melody Dreams duftet lieblicher als My Melody Flowers.
12. „Der kleine Maulwurf“ ist besser als „Die Mumins“
und die Krönung:
13. Geha ist besser als Pelikan.
DAS hättest du besser nicht gesagt. IT'S ON, BIT*H
Okay okay, ich mag mich in dem einen oder andern Fall täuschen. Zum Beispiel beim Thema Gewicht beobachten. Kann mich gut erinnern, dass der Nachbar gegenüber immer auffällig präsent war am Fenster, wenn ich meine Übungen gemacht hab, und da hatte ich zwecks Frischluftzufuhr auch das Fenster offen. Vielleicht hätte ich nie 'Gewicht™' verloren, wenn er mich nicht dabei beobachtet hätte.
Und weil jetzt eben Abnehmen angesagt ist, hab ich meine Zumbaklamotten wieder rausgefummelt.
So. Ich wäre nur einen Blowout und ein neonfarbenes Frotteestirnband in Hotpink vom Jane-Fonda-Look entfernt! Wäre, wenn ich nicht bereits meine hellrosa „Anna Ballerina“-Gedächtnis-TANZ-Shorts mit ultrahohem Beinausschnitt und völlig übertriebenem Achtfach-Umschlag auf Taillenhöhe anhätte, deren glatte Polyesteroberfläche nicht nur an die hauchdünnen ferkelfarbenen Kosmetikabfallbeutel von 5-Sterne-Hotels erinnert, sondern auch für das leise Knistern sorgt, das nur Kinder kennen, die die 80er sowohl bewusst als auch im Backfischalter miterleben durften.
14. Es heißt Backfisch und nicht Teenager. Punkt.
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Text: Copyright 2024 aufgmandlt.de, A. Mayer